Customer Journey in der Versicherung: Warum sie wichtig ist und wie sie gelingt

Brücke als Symbolbild für Customer Journey

Die Kundenerwartungen an die Interaktion mit ihrer Versicherung sind so hoch wie nie – angesichts der Erfahrungen aus anderen Branchen. Besondere Aufmerksamkeit sollte demnach einer holistischen Transformation der Kundenerlebnisse und der Customer Journey gelten. Sie befähigt Unternehmen, ihr Leistungsversprechen über alle Kontaktpunkte und Kanäle hinweg zu erfüllen.

Inhalt

Einstieg: Investitionen in die Zukunft

Ein starkes Kundenerlebnis ist für Unternehmen in wettbewerbsintensiven Märkten zunehmend ein Mittel, um ihre Marke von anderen abzuheben. Auch Versicherungsunternehmen müssen sich mit erheblichen Verschiebungen in den Kundenpräferenzen und mit immer schnelleren Veränderungen der Kundenerwartungen auseinandersetzen. In der heutigen Zeit werden die Erwartungen der Kunden außerhalb der Versicherungsbranche festgelegt – von Unternehmen wie Amazon, Apple, Netflix und Co. Ein informierter, präziser und angenehmer Austausch in Echtzeit ist zur Norm geworden.

Um den Bedürfnissen des oft hybriden Kunden in der Versicherungsbranche gerecht zu werden, müssen die Versicherer Silos aufbrechen und unzusammenhängende Systeme miteinander verbinden. Die sich entwickelnde, größtenteils digitale Customer Journey in der Versicherungsbranche setzt ein Maß an Vernetzung und Kundenzentrierung voraus, an das sich Versicherungsunternehmen nur langsam gewöhnen. Dabei drängt die Zeit: Während die führenden Unternehmen der Branche schon seit vielen Jahren in Kundenerfahrung und -bindung investieren, drücken viele andere seit langem auf die Schlummertaste. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sie sich jedoch dieser Aufgabe stellen – je früher, desto besser.

Laut dem Deloitte Report „Customer Service Excellence 2022 International Edition” weisen im Europa-Vergleich westeuropäische Länder wie Deutschland die niedrigste Zufriedenheitsquote auf – sowohl unter Kunden als auch Mitarbeitern. Es besteht also dringender Nachholbedarf, um bspw. zu Versicherern skandinavischer Länder aufzuschließen, die sich unter anderem durch eine starke Nutzung von Self-Service und verstärkte Investitionen in Automatisierung auszeichnen und in der Studie die höchsten Zufriedenheitswerte erzielten.

Viele scheuen, dass dies nicht nur Zeit, sondern auch Geld kostet. Doch Investitionen in ein gelungenes Kundenerlebnis und eine mehrdimensionale Customer Journey sind überaus sinnvolle Investitionen in die Zukunft, die eine Vielzahl solider wirtschaftlicher Effekte nach sich ziehen.

Warum ist die Customer Journey wichtig?

Der Unterschied zwischen gutem und schlechtem Kundenservice war schon immer deutlich, und Unternehmen, die sich am falschen Ende dieses Spektrums befinden, zahlen in der Regel einen hohen Preis. Dies gilt für Versicherungen genauso wie für jedes andere Unternehmen mit Kundenkontakt. Im Zeitalter der Digitalisierung werden die Folgen eines schlechten Kundenerlebnisses durch die Geschwindigkeit und Reichweite der sozialen Medien noch verstärkt. Ein schlecht abgewickelter Vorgang kann schnell zu einem markenschädigenden Vorfall eskalieren.

Eine nahtlose Customer Journey hingegen begeistert und ermöglicht es Kunden, schnell und einfach auf Informationen zuzugreifen, Angebote zu vergleichen und Versicherungsprodukte abzuschließen. Dies führt zu einer positiven Customer Experience und stärkt die Kundenbindung. Zudem können Versicherungsunternehmen durch ein tiefes Verständnis der Customer Journey wertvolle Daten sammeln, die ihnen helfen, ihre Produkte und Dienstleistungen zu optimieren und besser auf die Bedürfnisse ihrer Kunden einzugehen. Mit diesem Wissen kann der Versicherer oder Vermittler geeignete Absicherungsoptionen empfehlen, effektiv auf Fragen und Bedenken eingehen und Risiken minimieren.

So gelingt eine begeisternde Customer Journey

Um ein hervorragendes Kundenerlebnis zu bieten, bedarf es mehr als der Entwicklung einer mobilen App oder der Bereitstellung eines Chatbots. Es erfordert umfassende Investitionen, kontinuierliche Verbesserungen und eine Zusammenarbeit über alle Kundenkanäle und Geschäftsfunktionen hinweg, von der Kaufvorbereitung über das Underwriting bis hin zur Schadenbearbeitung.

Die Kunden sehen jedes Ereignis als Teil einer Reise, die ein wichtiges Bedürfnis befriedigt, und erwarten, dass das Erlebnis so reibungslos wie möglich ist. Um erfolgreich zu sein, müssen Versicherungsunternehmen funktionsübergreifend arbeiten und die Kunden von Anfang bis Ende einbinden.
Eine gelungene Customer Journey im Versicherungswesen zeichnet sich aus durch:
Kundenkontrolle und -zentrierung

Es ist kaum zu leugnen, dass der Kunde die Kontrolle hat. Er kann seinen Versicherer wechseln – und tut dies auch, oft mit Hilfe von Online-Vergleichstools und digitalen Vermittlern. Die Loyalität, auf die die Assekuranz in der Vergangenheit für ihren Erfolg angewiesen war, geht immer weiter zurück. Selbst die Kunden, die bei demselben Versicherer bleiben, stellen immer höhere Ansprüche an Schnelligkeit, Transparenz und Bequemlichkeit.

Es ist notwendig, sich von einer produktzentrierten Denkweise zu lösen und zu verstehen, dass es in dieser neuen digitalen und vernetzten Welt entscheidend ist, den Kunden in den Mittelpunkt des Unternehmens zu stellen. Es gilt zu verstehen, wer der Kunde wirklich ist. Dazu gehört es, die jüngsten Interaktionen und die dahinterstehende Geschichte zu kennen, jede Interaktion über die richtigen Ressourcen abzuwickeln und passende Antworten zu geben (egal ob online oder offline).

„Leader fangen bei den Kund:innen an und arbeiten von dort aus rückwärts. Sie arbeiten stetig daran, das Vertrauen unserer Kund:innen zu gewinnen und zu bewahren. Leader behalten Mitbewerber im Blick, aber die Kundschaft bleibt immer im Fokus.“

Omnichannel-Engagement

Eine der wichtigsten Prioritäten der Versicherungsbranche ist es, mit den Kunden in Kontakt zu treten, indem sie integrierte und nahtlose Erfahrungen über mehrere Kanäle anbieten. Bei diesen Omnichannel Customer Journeys bewegen sich die Kunden frei zwischen den Kanälen, beginnen ihre Recherche vielleicht auf einem Desktop-Computer und beenden sie auf dem Mobiltelefon. Oder sie schließen online ab, rufen dann aber mit einer Frage den Kundendienst an. Eine Omnichannel-Strategie ermöglicht es den Versicherern, ihren Kunden über jeden Kanal, den sie zur Kommunikation nutzen, ein einheitliches Erlebnis zu bieten, und relevante Informationen über die Kunden zu erhalten, um deren individuellen Bedürfnisse und Präferenzen zu erfüllen.

Hybride Kunden in der Versicherung nutzen Online und Offline Kanäle Ein Großteil der Kunden ist bereits heute hybrid: Eine Endkundenbefragung (Q_PERIOR Hybrid Sales Index 2022) zeigte, dass ein digitaler Abschluss nach einer persönlichen Beratung von 60% der Befragten gewünscht ist. 57% würden über den Vermittler abschließen, nachdem sie ein digitales Angebot erhalten haben.
Personalisierung

Kundenzentrierung erfordert auch Fortschritte bei der Personalisierung, um bessere Kundenerlebnisse zu schaffen. Kunden erwarten einzigartige Erlebnisse. Versicherer müssen wissen, wer ihre Kunden sind und ihre individuellen Eigenschaften sowie ihre aktuelle und frühere Beziehung zum Unternehmen verstehen. Es ist für sie von entscheidender Bedeutung, eine Beziehung zu jedem einzelnen Kunden aufzubauen und Marketingbotschaften auf dessen spezifische Bedürfnisse abzustimmen. Mehr Raffinesse und ein besseres Verständnis des Kundenverhaltens werden dazu führen, dass Unternehmen durch unerwartete „Wow-Momente“ überzeugen können und sich von B2C oder B2B zu B2Me entwickeln.

Kundenbefähigung

Da sich die digitalen Bedürfnisse und Vorlieben der Verbraucher ständig weiterentwickeln, müssen Unternehmen auf neue Weise mit ihnen interagieren. Es gehört zur Aufgabe des Versicherungsunternehmens, den Kunden zu helfen, diese verschiedenen Möglichkeiten der Interaktion zu erkennen. Self-Service ist das Zauberwort. Dies bezieht sich vor allem auf Kundenportale, mobile Anwendungen und kommunikative Möglichkeiten wie z. B. Chatbots oder Voice Bots. Viele technikaffine Kunden von heute sind nicht nur bereit für Self-Service, sondern ziehen diese Möglichkeiten dem assistierten Service vor.

Datenzentrierung und KI
Daten sind entscheidend, um das Kundenerlebnis so schmerzfrei wie möglich zu gestalten. Sie helfen den Vermittlern, dem richtigen Kunden das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt zu empfehlen. Die Versicherungsbranche beginnt, neue Technologien wie Künstliche Intelligenz (KI) einzusetzen, um den Kundenservice zu verbessern und sich in Richtung Kundenzentrierung zu bewegen. Das Internet der Dinge (IoT) und KI können bei der Personalisierung von Erlebnissen unterstützen, z. B. bei Umsatzprognosen, Kreditrisikoeinschätzungen, Klassifizierung von Anfragen, der automatischen Beantwortung von Schadensfällen oder der Marketingkommunikation.
Flexibilität

Die Entscheidungsfreiheit des Kunden sollte ein zentrales Element der Strategie darstellen. Unternehmen sollten die gesamte Bandbreite an Möglichkeiten anbieten und den Verbrauchern die Wahl lassen, welchen Kanal sie nutzen möchten. Dazu gehört auch ein in Echtzeit und rund um die Uhr verfügbarer Kundendienst.

Optimierung für mobile Geräte

Mobile Geräte werden immer beliebter und in der Customer Journey ist das Smartphone oft der Kanal der Wahl. Versicherer müssen demnach sicherstellen, dass ihre Kundenerlebnisse für mobile Geräte optimiert sind – von der responsiven Website bis hin zu mobilen Apps.

Ein Beispiel für eine gelungene Customer Journey:

Ein Chatbot macht es den Besuchern der Website leicht, Informationen zu erhalten und sich anzumelden. Alternativ kann auch die App der Versicherung heruntergeladen werden und die Registrierung dort erfolgen. Egal auf welchem Kanal – der Chatbot führt die Besucher durch einen leicht verständlichen Fragebogen, der sie zu den am besten geeigneten Dienstleistungen führt und schnelle, personalisierte Angebote liefert. Diese können bei Bedarf in einer persönlichen Beratung näher diskutiert werden. Preiskalkulation und Zahlungsabwicklung schließen sich nahtlos an und leiten nach Abschluss in die Vertragsverwaltung über. Auch Informationen zum Versicherungsschutz und zu schadenbezogenen Fragen können jederzeit auf digitalen Kanälen bereitgestellt werden. 

Entschließt sich der Nutzer an irgendeinem Punkt seiner Reise, persönlichen Kontakt zu einem Berater aufzunehmen, liegen diesem alle Kundendaten und -angaben sofort vor und es müssen keine Informationen doppelt abgefragt werden.

Herausforderungen und Grenzen

Eine nahtlose Customer Journey in der Versicherungsbranche zu schaffen, ist keine leichte Aufgabe. Es gibt viele Herausforderungen und Grenzen, die es zu überwinden gilt. Eine der größten Herausforderungen ist die Komplexität der Versicherungsprodukte und -dienstleistungen. Ein weiteres Hindernis ist die Fragmentierung der Kundenerfahrung. Kunden können verschiedene Kanäle nutzen, um mit Versicherungsunternehmen zu interagieren, wie beispielsweise Telefon, E-Mail, Website oder App. Oftmals ist jedoch die Erfahrung nicht nahtlos, da es keine Integration zwischen den Kanälen gibt. Schließlich gibt es auch Grenzen in Bezug auf Technologie und Daten. Versicherungsunternehmen müssen in der Lage sein, Daten von verschiedenen Quellen zu sammeln und zu integrieren, um eine ganzheitliche Sicht auf den Kunden zu erhalten. Dies erfordert jedoch oft erhebliche Investitionen in Technologie und Infrastruktur.

Die Customer Journey wird häufig gestört durch

Fokus auf Berater statt Kunden
Getrennte Systeme
Fragmentierte Daten
Fehlende Agilität und Bereitschaft zum Wandel
Isolierte Abteilungen

Handlungsempfehlungen für die Transformation der Customer Journey

Wie gelingt es, die Customer Journey zu verstehen und umzugestalten? Ein zentraler Baustein stellt das Mapping der Kundenreise dar. Hierunter versteht man die Visualisierung der Erfahrungen, die ein Kunde mit einem Unternehmen im Verlauf seiner Journey vom ersten Kontakt bis hin zum loyalen Kunden macht. Eine Customer Journey Map macht sichtbar, was der Kunde bei seiner Reise erlebt und wie er seine Erfahrungen mit dem Unternehmen bewertet. Sie hilft dabei, Schwachstellen und Pain Points zu finden und zu beheben. Sie sollte regelmäßig überprüft und bei Bedarf aktualisiert werden.

Auch wenn die Reise für jede Person einzigartig ist, ist die Abbildung der Customer Journey von echtem Wert. Versicherer profitieren davon, wenn sie die Erkenntnisse operativ verwerten. Die Ergebnisse können genutzt werden, um Systeme zu verbessern, Prozesse zu ändern und Schulungsmaßnahmen zu verbessern.

Fazit

In der heutigen Welt sind sich die meisten Versicherer darüber im Klaren, dass es notwendig ist, proaktiv und nicht nur reaktiv zu handeln. Das Verständnis ist zwar vorhanden, aber die Umsetzung ist für viele eine gewaltige Aufgabe. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich die Versicherer dieser Aufgabe stellen.

Welche Strategien empfehlen wir also, um die Kundenerfahrung zu verbessern und eine reibungslose Customer Journey zu ermöglichen?

Stellen Sie den Kunden in den Mittelpunkt. Versetzen Sie sich in seine Lage und gehen Sie von seinen Bedürfnissen aus. Zerlegen Sie Versicherungsthemen so, dass sie einer klaren, intuitiven Struktur folgen und leicht verständlich sind. Reduzieren Sie Komplexität auf Schlüsselelemente. Seien Sie unterhaltsam und einprägsam und setzen Sie verstärkt auf Self-Service und personalisierte Dienstleistungen. Sammeln Sie qualitativ hochwertige Daten, um sie richtig zu analysieren und eine langfristige Beziehung aufzubauen. Nutzen Sie zukunftsweisende Technologien wie das Internet der Dinge (IoT), KI und Automatisierung, um intelligente Workflows zu erschaffen. Stellen Sie die richtigen Talente ein, die in der Lage sind, Erlebnisse zu konzipieren, zu verwirklichen und kontinuierlich zu optimieren.

Wenn Sie IT-Unterstützung brauchen oder Software benötigen, die Ihnen bei der digitalen Transformation hilft – lassen Sie uns ins Gespräch kommen.
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